Das Borghorster Stiftskreuz

Eine Goldschmiedearbeit von europäischem Rang

Ostern 2008 wurde unser Borghorster Stiftskreuz, ein um 1050 entstandenes Kreuzreliquiar, das aus der ehemaligen adeligen Damenstiftskirche zu Borghorst stammt, in einer Glasvitrine im nördlichen Chorraum in unser Pfarrkirche St. Nikomedes ausgestellt.

Am 29. Oktober 2013 wurde es aus dieser Vitrine gestohlen. Nach der Ermittlung einiger Verdächtiger im November 2013 erhob die Staatsanwaltschaft Münster im März 2015 Anklage gegen drei aus Bremen stammende Männer. Sie wurden im Oktober 2015 zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.
Im September 2016 wurde auch der mutmaßliche Drahtzieher hinter dem Diebstahl verhaftet.

Im Februar 2017 wurde bei einer Pressekonferenz des Bistums bekannt, dass das wertvolle Kreuz unversehrt sichergestellt werden konnte. Erstmals seit dem Diebstahl konnte es der Öffentlichkeit wieder gezeigt werden.

Wir als Pfarrei sind allen sehr dankbar, die an der Wiederbeschaffung des Kreuzes beteiligt waren.

Bei unserem Stiftskreuz handelt es sich um eines der Hauptwerke europäischer Goldschmiedekunst.

Das kostbare Reliquiar aus getriebenem Goldblech über Holzkern - mit seinen Filigranarbeiten mit Edelsteinen, Bergkristallen, Perlen und Gemmen reich verziert - enthält eingeschlossen in persische Bergkristallfläschchen einige bedeutende Reliquien. Das in Form eines Gemmenkreuzes gefertigte Goldschmiedestück zeigt im dreifach durchbrochenen Längsbalken oben einen Bergkristall, in der Mitte eine Bergkristallflasche mit einem purpurroten Innenstoff und unten ein weiteres Bergkristallfläschchen in Form eines Fisches mit seitlich verdeckten Flossen, die ebenfalls einen Purpurstoff enthält. Die Fläschchen umfassen 17 verhüllte und versiegelte Reliquien, die in der Inschrift auf der Rückseite im einzelnen aufgeführt sind. Darunter sind, wie es wörtlich heißt, Reliquien "vom Holze des Herrn", vom "Schwamme des Herrn", vom Bette Mariens, vom Körper der Apostel Petrus und Bartholomäus und Reliquien weiterer Heiliger.

Verehrung des gekreuzigten Christus

Vier in Goldblech getriebene feine Reliefs zieren die Balken des Kreuzes: Oben Christus am Kreuz mit Maria und Johannes, links innen Petrus, rechts innen Paulus, außen links St. Cosmas, rechts St. Damian. Diese Heiligen sind in der Verehrung des gekreuzigten Christus dargestellt. Oberhalb des fischförmigen Kristallgefäßes ist eine Darstellung des Kaisers Heinrich III. zu erkennen, dem zwei Engel aus dem Himmel entgegenschweben. Das Kreuz mit seinen Gemmen ist das typische Beispiel eines sogenannten Pachosiekreuzes, das den wiederkommenden Christus verherrlicht. Das durch seine Bergkristallfläschchen durchsichtige Kreuz ist zugleich Lichtsymbol und damit Symbol für die Göttlichkeit Christi.

Näheres zur Geschichte des Kreuzes ergibt sich, wenn man die Rückseite mit seinen gravierten Blattrankeninschriften und seinen figürlichen Darstellungen betrachtet. Hier ist eine weibliche Figur zu sehen, die in Bethaltung zum Himmel emporblickt.

Erlangung ewigen Seelenheils

Die Inschrift bezeichnet sie als Berta Abba(tissa), also Äbtissin Berta, über der die Hand Gottes erscheint. Auf sie bezieht sich auch die Inschrift, die die Reliquien der verschiedenen Heiligen nennt. Die Stifterin bittet um Gnade für sich selbst und die ihr Nahestehenden.

Die Heiligen sind in Form ihrer Reliquien gleichsam Vermittler zu Erlangung himmlischer Gnade. Die Stiftung steht in engem Zusammenhang mit der Erlangung ewigen Seelenheils, eines der wichtigsten Faktoren der religiösen Stiftungen im Mittelalter überhaupt.

Die Darstellung Kaiser Heinrich III. weist darauf hin, dass das Borghorster Stift in besonderer Weise mit dem Kreis der Reichsbischöfe verbunden war.

Kaiser Heinrich war unter anderem auch bei der Gründung des Klosters Überwasser 1040 in Münster anwesend, also in unmittelbarer Nähe von Borghorst. Mit diesem Liebfrauenstift in Münster war das Borghorster Stift verbrüdert. Kaiser Heinrich hat sich besonders für die Friedenswahrung eingesetzt und nach einer Dank- und Bußhandlung nach dem Ungarnsieg von 1044 sich persönlich vor dem mitgeführten Splitter des heiligen Kreuzes auf die Knie geworfen. Da er auf dem Kreuz dargestellt ist, kann man davon ausgehen, dass er vielleicht der Stifter der Reliquien war. Das im Vergleich mit anderen Werken um 1050 entstandene Kreuz konnte regional näher eingeordnet werden, nachdem die alten Bienenwachsfüllungen (die Originalfüllungen befinden sich in der Stiftskammer) der getriebenen Goldreliefs bei der BASF untersucht wurden und anhand einer Pollenanalyse eine Herkunft aus Essen festgestellt werden konnte.

Hinweise auf Reliquien

Die auf der Rückseite des Kreuzes am Rand umlaufende Inschrift lautet:

HEC SVNT NOMINA ISTORVM SANCTORVM DE LIGNO DNI DE SPONDIA DNI DE CORPORE SCI PETRI APL S ANDREE APL SCI BARTHOLOMEI S MAVRICH S PANCRACII S LAVRENTII S CHRISTOFORI S CLEMENTIS S NICOLAI DE SCAPVLA SSIMEONIS S MARIE MAGDAL S AGATHE V ISTI ET OMNES SCI INTERCEDANT PRP ME PECCATRICE ET PRO OMNIBVS ILLIS QVI ALIQVID BONI AD HOC SIGNACVLO FECERVNT

Diese Inschrift deute auf die im Kreuz befindlichen heiligen Reliquien hin:

 

vom Kreuze des Herrn,
vom Schwamme des Herrn,
vom Bette Mariä, der Mutter des Herrn,
des hl. Apostels Petrus,
des h. Apostels Andreas,
des hl. Apostels Bartholomäus,
des hl. Märtyrers Stephanus,
des hl. Nikomedes,
des hl. Mauritius,
des hl. Pankratius,
des hl. Laurentius,
des hl. Christopherus,
des hl. Clemens,
des hl. Nicolaus,
des hl. Simeon,
der hl. Maria Magdala,
der hl. Jungfrau Agatha

Stiftskammer

Weitere historisch wertvolle Gegenstände unserer Pfarrei wie z.B. einige Drachenleuchter aus dem 12. Jahrhundert, Reliquienstatuetten aus dem 14. und 15. Jahrhundert sowie Gewänder und liturgische Gerätschaften werden in der Stiftskammer aufbewahrt, die man nach vorheriger Terminabsprache besichtigen kann. Wenden Sie sich hierfür gerne an unser Pfarrbüro. 

 

Unser Kreuz kommt nach Hause!

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Die Rückseite mit den Inschriften

Fotos: Peter Timmerhues

Fotos: Peter Timmerhues